Bittet und ihr werdet bekommen!
Für mich gehört das Gebet unbedingt zu meinem Alltag dazu und das nicht nur von Berufswegen, gerade auch jetzt, wo das Coronavirus alles bestimmt und große Verunsicherung herrscht. Und es gehört für mich auch eine gewisse Haltung dazu, wenn ich bete: ich sammle mich, werde ruhig, konzentriere mich auf Jesus, versuche eine innere Verbindung zu ihm aufzubauen. Und da können so Dinge wie Händefalten oder Augen schließen tatsächlich helfen.
Ja (!) und ich glaube es. Ich glaube, dass Gott unsere Gebete hört. Ich habe es selbst so in meinem Leben erfahren, davon bin ich fest überzeugt. Felsenfest!
Und dennoch denke ich oft über die Frage nach: Erhört Gott unsere Gebete. Nicht zuletzt, weil ich genau das als Diakonin oft gefragt werde. „Hört Gott meine Gebete überhaupt?“ Oder endet nicht doch alles, was ich rede an der Zimmerdecke. Klar, Gott ist allmächtig und daran glaube ich auch, aber es gibt immer wieder Situationen – auch in meinem Leben – da fragen wir uns, warum tut er nicht das, worum ich ihn bitte? Warum verschwindet dieses Virus nicht wieder einfach aus unserem Leben. In der Bibel steht doch:
Bittet und ihr werdet bekommen! Sucht und ihr werdet finden! Klopft an und es wird euch geöffnet! Denn wer bittet, der bekommt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet. Wer von euch würde seinem Kind einen Stein geben, wenn es um Brot bittet? Oder eine Schlange, wenn es um Fisch bittet. So schlecht ihr auch seid, ihr wisst doch, was euren Kindern gut tut, und gebt es ihnen. Wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn darum bitten. So steht es im Matthäusevangelium, Kapitel 7 die Verse 7-11
Wer bittet, der wird bekommen! Na toll, das hat Gott bei mir wohl überlesen oder warum passiert nichts von dem, was ich bitte? Corona bestimmt weiterhin unser aller Alltag. Warum soll ich also beten? Lohnt sich das überhaupt?
Kennen Sie den Film „Bruce allmächtig“? Bruce, der sich immer wieder bei Gott über die Ungerechtigkeiten in seinem Leben beklagt, darf für einige Tage „Gott spielen“. Und anfangs macht es ihm auch riesigen Spaß. Sogar Wunder kann er vollbringen. In einem Restaurant teilt er seine Tomatensuppe so wie einst Mose das Rote Meer. Aber schon bald wird er auch mit den vielen Millionen Gebeten der Menschen konfrontiert. E-Mails erreichen ihn und ständiges Stimmengewirr im Ohr. 100.000 tausende Menschen beten für 6 Richtige im Lotto und Bruce „erhört“ all diese Gebete. Die Freude über die 6 Richtigen währt dann allerdings nicht lange, denn jeder bekommt nur noch ein paar Dollar. Der Film zeigt auf lustige, liebenswerte Weise, dass Menschen oft sehr egoistisch beten und das es einfach nicht in Gottes Interesse liegen kann, all unsere menschlichen Wünsche zu erfüllen.
Aber warum soll ich denn dann beten?
Zurück zum Bibeltext. Ich lese aus dem Text, dass ich großes Vertrauen zu Gott haben kann und dass er mir große Sicherheit bietet. „Bittet und ihr werdet bekommen! Sucht und ihr werdet finden! Klopft an und es wird euch geöffnet!“ … „Ihr werdet“ – das wird gar nicht in Zweifel gezogen. Für Jesus ist das sonnenklar: wenn wir Gott bitten, wenn wir ihn suchen, wenn wir bei ihm anklopfen, dann wird er uns hören, wird sich finden lassen und uns seine Türe öffnen.
Und dennoch: wir erleben, dass unsere Bitten oft nicht in Erfüllung gehen und wenn wir noch so intensiv und aufrichtig beten. Übrigens hat Jesus selbst das auch erfahren. Und das in der Stunde größter Angst und Verzweiflung: Mein Vater, wenn es dir möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorbeigehen. Er ist nicht an Jesus vorbeigegangen. Jesus musste den Weg gehen durch Angst und Verzweiflung, den Weg ans Kreuz und in den Tod.
Nein, Gebete werden nicht immer erhört. Die Erfüllung unserer Wünsche fällt nicht vom Himmel. Gott ist kein Getränkeautomat, wo ich oben etwas reinstecke und unten das Gewünschte herauskommt. So funktioniert Gott nicht. Es steht da ja auch nicht: Wer um etwas bittet, wird dieses erhalten. Und trotzdem sagt Jesus: Bittet und ihr werdet bekommen! Aber wie?
„Wer von euch würde seinem Kind einen Stein geben, wenn es um Brot bittet? Oder eine Schlange, wenn es um Fisch bittet. So schlecht ihr auch seid, ihr wisst doch, was euren Kindern gut tut, und gebt es ihnen.“, so heißt es bei Matthäus. Und das ist doch auch ganz klar: Das würde kein Elternteil tun, das macht ja keinen Sinn. Stein und Schlange sind ja völlig unbrauchbare Dinge, wenn es um Hunger geht. Und ich glaube, das ist der springende Punkt. Kein Vater gibt seinem Kind etwas, das für sein Bedürfnis völlig unbrauchbar ist. Er gibt ihm etwas, das weiterhilft. Möglicherweise hat der Vater ja gerade selbst kein Brot und keinen Fisch. Aber vielleicht hat er Mehl zum Backen oder ein Fischernetz, um Fische zu fangen. Das Kind bekommt die Chance, etwas gegen seinen Hunger zu tun. Und wenn das bei uns Menschen schon so ist, wie könnte es dann bei Gott, unserem himmlischen Vater, anders sein. „Wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn darum bitten.“ Gott weiß, was wir brauchen. Er weiß es viel besser als wir selbst.
Leider sagt Jesus nicht, was das ist, was wir bekommen. Mir fällt dazu ein Bibelvers aus dem Lukasevangelium ein. Als Jesus betet, schreibt Lukas, Kapitel 9 Vers 29: „Während er betete, veränderte sich sein Gesicht und seine Kleider wurden leuchtend weiß.“
Vielleicht ist es das, was Jesus meint. Wer bittet, bekommt! Wenn wir beten, dann bekommen wir in dem Moment, in dem wir beten. Wir bekommen etwas, was uns verändert, innerlich und äußerlich, etwas, das für uns brauchbar ist und uns in unserer Situation weiterhelfen kann. Wenn ich bete, dann sehe ich meine Situation oft klarer, dann bekomme ich Mut, dann fange ich an, meine Fehler einzugestehen, ich finde Trost, werde gestärkt und gewinne Vertrauen – und kann anfangen, das beten ganz neu zu lernen.
Bete! Und bekomme! Amen.
Es grüßt Sie herzlich Ihre Diakonin Marietta Meffert